Ein Ökomodernes Manifest - Deutsch

Ein Ökomodernes Manifest - Deutsch

Die Aussage, dass die Erde ein menschlicher Planet ist, bestätigt sich jeden Tag. Die Erde bringt den Menschen hervor und wird vom Menschen neu gestaltet. Viele Geowissenschaftler bringen dies zum Ausdruck, indem sie erklären, dass die Erde eine neue geologische Epoche erreicht hat: das Anthropozän, das Zeitalter der Menschen.

Als Forscher, Wissenschaftler, Aktivisten und Bürger schreiben wir dieses Manifest mit der Überzeugung, dass Wissen und Technologie, weise angewandt, ein gutes, wenn nicht sogar grossartiges Anthropozän ermöglichen können. Ein gutes Anthropozän verlangt, dass die Menschen ihre wachsenden sozialen, wirtschaftlichen und technologischen Kräfte dazu verwenden, das Leben der Menschen zu verbessern, das Klima zu stabilisieren und die Natur zu schützen.

Damit bestätigen wir ein seit langem bestehendes ökologisches Ideal, demzufolge die Menschheit ihren Einfluss auf die Umwelt verringern muss, um der Natur mehr Raum zu lassen. Aber wir widersprechen einem anderen Ideal, demzufolge die menschliche Gesellschaft in Einklang mit der Natur leben muss, um einen wirtschaftlichen und ökologischen Kollaps zu vermeiden. Diese beiden Ideale sind nicht länger miteinander vereinbar.

Ökosysteme werden in der Regel nicht dadurch geschützt oder verbessert, dass die Menschheit, im Hinblick auf Ernährung und Wohlstand, immer abhängiger von diesen Systemen wird.

Die Intensivierung vieler menschlicher Aktivitäten — insbesondere Landwirtschaft, Energiegewinnung, Forstwirtschaft und Besiedelung — um den Flächenverbrauch zu reduzieren und den Eingriff in die Natur zu verringern, ist der Schlüssel, um die menschliche Entwicklung von Umweltauswirkungen zu entkoppeln. Diese sozioökonomischen und technologischen Prozesse sind für die wirtschaftliche Modernisierung und den Umweltschutz von zentraler Bedeutung. Zusammengenommen geben sie den Menschen die Möglichkeit, den Klimawandel abzumildern, die Natur zu schonen und die weltweite Armut zu bekämpfen.

Wir, die Autoren, haben uns bisher einzeln geäussert, aber unsere Ansichten werden zunehmend als Ganzes diskutiert. Wir bezeichnen uns selbst als Ökopragmatiker und Ökomodernisten. Wir schrieben dieses Manifest um unsere Ansichten zu bekräftigen und zu präzisieren sowie unsere Vision zu beschreiben, wie dieaussergewöhnlichen Fähigkeiten der Menschheit dazu einzusetzen sind, ein gutes Anthropozän zu schaffen.

1.

Die Menschheit ist in den letzten beiden Jahrhunderten aufgeblüht. Die durchschnittliche Lebenserwartung stieg von 30 auf 70 Jahre und führte zu einer grossen und wachsenden Bevölkerung, die in der Lage ist, mit den unterschiedlichsten Umweltbedingungen zurechtzukommen. Die Menschheit hat im Kampf gegen Infektionskrankheiten ausserordentliche Fortschritte erzielt. Und sie kann sich sehr viel besser vor extremem Wetter und Naturkatastrophen schützen.

Gewalttaten in jeglicher Form gingen deutlich zurück und haben wahrscheinlich den niedrigsten Pro-Kopf-Wert erreicht, den die Menschheit jemals erfahren hat, trotz der Gräueltaten des 20. Jahrhunderts und der heutigen Terrorgefahren. Weltweit haben sich die Menschen von autokratischen Regierungen weg in Richtung liberale Demokratie bewegt, die von Rechtsstaatlichkeit und zunehmender Freiheit geprägt ist.

Persönliche, wirtschaftliche und politische Freiheiten haben sich weltweit ausgebreitet und werden heutzutage weitgehend als universelle Werte akzeptiert. Die Modernisierung hat die Frauen von traditionellen Geschlechterrollen befreit und ihre Möglichkeiten zur Geburtenkontrolle erhöht. Historisch gesehen ist eine Grosszahl der Menschen — sowohl prozentual als auch in absoluten Zahlen — frei von Unsicherheit, Armut und Sklaverei.

Gleichzeitig hat das menschliche Gedeihen ernsthafte Auswirkungen auf die natürliche, nichtmenschliche Umwelt und die Tierwelt. Die Menschen nutzen etwa die Hälfte der eisfreien Fläche auf unserem Planeten, hauptsächlich als Weideland, Anbaufläche und zur Waldbewirtschaftung. 20 Prozent der Fläche, die einst von Wäldern bedeckt war, wurde für die menschliche Nutzung umgewandelt. Die Population vieler Säugetiere, Amphibien und Vögel ist allein in den letzten 40 Jahren um mehr als 50 Prozent zurückgegangen. Mehr als 100 Arten dieser Gruppen sind im 20. Jahrhundert ausgestorben, und seit dem Jahr 1500 circa 785. Während wir dieses Manifest schreiben, existieren weltweit nur noch vier nördliche Breitmaulnashörner.

Wenn man bedenkt, dass die Menschen von der lebenden Biosphäre vollständig abhängig sind, wie ist es dann möglich, dass die Menschen den natürlichen Systemen so schwere Schäden zufügen, ohne sich selbst mehr zu schaden?

Menschliche Technologie verringert die Abhängigkeit der Menschen von den vielen Ökosystemen, auf die sie früher zum Überleben angewiesen waren und die durch die Ausbeutung stark geschädigt wurden.

Dieses Paradox kann durch die Rolle der Technologie erklärt werden. Angefangen bei den Techniken, die einst ermöglichten, dass Viehzucht und Ackerbau das Sammeln und Jagen ersetzten, bis zu denen, die heute die globalisierte Wirtschaft antreiben, verringert menschliche Technologie die Abhängigkeit der Menschen von den vielen Ökosystemen, auf die sie früher zum Überleben angewiesen waren und die durch die Ausbeutung stark geschädigt wurden.

Trotz den seit den 70er Jahren anhaltenden Warnungen vor den fundamentalen „Grenzen des Wachstums“ gibt es nach wie vor auffällig wenig Hinweise, dass die Möglichkeiten, Nahrung und natürliche Ressourcen zu beschaffen, irgendwann in absehbarer Zukunft an Grenzen stossen werden.

Wo feste physikalische Grenzen in Bezug auf menschlichen Konsum existieren, sind diese so theoretisch, dass sie faktisch irrelevant sind. Beispielsweise ist die Sonneneinstrahlung, die auf die Erde trifft, letztendlich begrenzt. Sie stellt jedoch keine bedeutsame Einschränkung in Bezug auf menschliche Bestrebungen dar. Die menschliche Zivilisation kann über Hunderte und Tausende von Jahren aus einem geschlossenen Kreislauf mit den Brennstoffen Uran, Thorium oder der Wasserstoff-Deuterium-Fusion Energie erzeugen. Bei gutem Management besteht für die Menschen keine Gefahr, dass es zu einem Mangel an Anbauflächen für Nahrungsmittel kommt. Solange es genug Energie und Fläche gibt, können sonstige Ressourcen, wenn sie einmal knapp werden, leicht durch andere ersetzt werden.

Es bestehen jedoch ernsthafte langfristige Umweltbedrohungen für das Wohlergehen der Menschen, wie z.B. der anthropogene Klimawandel, der Abbau der Ozonschicht und die Versäuerung der Meere. Auch wenn diese Risiken schwer zu beziffern sind, ist heute erwiesen, dass sie katastrophale Auswirkungen auf Gesellschaften und Ökosysteme haben könnten. Selbst langsam verlaufende, nicht-katastrophale Folgen dieser Bedrohungen führen mit grosser Wahrscheinlichkeit zu erheblichen menschlichen und wirtschaftlichen Kosten sowie vermehrten ökologischen Schäden.

Eine grosse Anzahl der Weltbevölkerung leidet immer noch an unmittelbaren, lokalen umweltbedingten Gesundheitsrisiken. Die Verschmutzung der Innen- und Aussenluft führt jährlich für Millionen von Menschen zu vorzeitigen Todesfällen und Erkrankungen. Ähnliches Leiden haben verschmutztes und verseuchtes Wasser sowie übernutzte Wasservorräte zur Folge.

2.

Auch wenn menschliche Umweltauswirkungen weiterhin insgesamt zunehmen, gibt es heute eine Reihe langfristiger Trends, die auf eine Entkopplung des menschlichen Wohlergehens von Umweltauswirkungen hindeuten.

Angesichts der aktuellen Entwicklungen ist es sehr wahrscheinlich, dass die Bevölkerungszahlen dieses Jahrhundert ihren Höchststand erreichen und anschliessend wieder sinken werden.

Die Entkopplung wird dabei sowohl relativ als auch absolut betrachtet. Relative Entkopplung bedeutet, dass die menschlichen Umweltauswirkungen langsamer zunehmen als das gesamtwirtschaftliche Wachstum. Folglich entsteht für jede Einheit Wirtschaftsleistung weniger Umweltbelastung (z.B. durch Abholzung, Artensterben, Umweltverschmutzung). Die Auswirkungen nehmen insgesamt immer noch zu, jedoch langsamer als es sonst der Fall wäre. Absolute Entkopplung tritt ein, wenn die Gesamtumweltbelastung — die Belastung in der Summe — einen Höchststand erreicht und anfängt zu sinken, während die Wirtschaft weiterhin wächst.

Entkopplung kann sowohl durch technologische als auch demografische Trends vorangetrieben werden und tritt in der Regel als eine Kombination beider Trends auf.

Die Wachstumsrate der menschlichen Bevölkerung hat bereits ihren Höchststand erreicht. Das Bevölkerungswachstum ist seit seinem Höchststand von 2,1 % in den 1970er Jahren wieder gesunken und liegt heute bei einem Prozent pro Jahr. Die Geburtenraten liegen derzeit in Ländern, die mehr als die Hälfte der weltweiten Bevölkerung ausmachen, unter dem Reproduktionsniveau. Das Bevölkerungswachstum wird heute hauptsächlich durch höhere Lebenserwartung und niedrigere Kindersterblichkeit und nicht durch steigende Geburtenraten angetrieben. Angesichts der aktuellen Entwicklungen ist es sehr wahrscheinlich, dass die Bevölkerungszahlen dieses Jahrhundert ihren Höchststand erreichen und anschliessend wieder sinken.

Die Bevölkerungsentwicklung ist eng mit anderen demografischen und wirtschaftlichen Dynamiken verknüpft. Erstmals in der Geschichte der Menschheit lebt mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Städten. Bis 2050 werden voraussichtlich 70 Prozent in Städten wohnen, wobei die Zahl bis zum Ende des Jahrhunderts auf 80 Prozent steigen könnte. Städte zeichnen sich durch eine hohe Bevölkerungszahl und niedrige Geburtenraten aus.

Städte nehmen nur ein bis drei Prozent der Erdoberfläche ein und beheimaten doch fast vier Milliarden Menschen.

Städte nehmen nur 1 bis 3 Prozent der Erdoberfläche ein und beheimaten doch fast vier Milliarden Menschen. In diesem Sinne symbolisieren die Städte die Entkopplung der Menschheit von der Natur und treiben diese voran. Sie entwickeln sich deutlich besser als ländliche Regionen, indem die materiellen Bedürfnisse effizient befriedigt und gleichzeitig die Umweltauswirkungen reduziert werden.

Das Wachstum der Städte ist zusammen mit den wirtschaftlichen und ökologischen Vorteilen untrennbar mit den Verbesserungen in der landwirtschaftlichen Produktivität verbunden. Da die Landbewirtschaftung zunehmend effizienter wurde, zogen immer mehr Menschen aus ländlichen Gebieten in die Städte. Im Jahr 1880 betrieb die Hälfte der US-Bevölkerung Landwirtschaft. Heute sind es weniger als 2 Prozent.

Da die Menschen von der harten landwirtschaftlichen Arbeit befreit wurden, wurden enorme Humanressourcen für andere Vorhaben freigesetzt. Städte, wie sie die Menschen heute kennen, könnten nicht ohne radikale Veränderungen in der Landwirtschaft existieren. Im Gegensatz dazu ist Modernisierung in einer Subsistenzwirtschaft nicht möglich.

Diese Verbesserungen führten nicht nur zu einem niedrigeren Arbeitskräftebedarf pro landwirtschaftlicher Produktionseinheit sondern auch zu einem geringeren Flächenbedarf. Dabei handelt es sich um keine neue Entwicklung: Steigende Ernteerträge reduzieren seit Jahrtausenden den Flächenbedarf, der notwendig ist, um eine Durchschnittsperson zu ernähren. Die durchschnittliche Pro-Kopf-Nutzung von Ackerland ist erheblich niedriger als vor 5‘000 Jahren, trotz der Tatsache, dass sich der moderne Mensch wesentlich reichhaltiger ernährt. Dank der technischen Fortschritte in der Landwirtschaft, die ab Mitte der 1960er Jahre innerhalb eines halben Jahrhunderts erzielt wurden, sank der Flächenbedarf für Getreide und Tierfuttermittel pro Person um die Hälfte.

Die landwirtschaftliche Intensivierung und das Abrücken von der Verwendung von Holz als Brennstoff haben in vielen Teilen der Welt zu Wiederaufforstungen geführt. Etwa 80 Prozent der Fläche Neuenglands ist heute bewaldet, im Vergleich zu etwa 50 Prozent zum Ende des 19. Jahrhunderts. In den vergangenen 20 Jahren ging die zu Produktionszwecken genutzte Waldfläche um 50 Millionen Hektar zurück, das entspricht einer Fläche der Grösse Frankreichs. Der „Übergang“ von der Abholzung zur Wiederaufforstung scheint ein ebenso stabiles Merkmal der Entwicklung zu sein wie der demografische Übergang, der Geburtenraten zurückgehen lässt, während die Armut sinkt.

Die menschliche Nutzung vieler anderer Ressourcen befindet sich auf einem ähnlichen Höchststand. Die Menge an Wasser, die für eine durchschnittliche Ernährung erforderlich ist, ging in den vergangenen fünfzig Jahren um fast 25 Prozent zurück. Die Stickstoffbelastung führt nach wie vor zur Überdüngung von Gewässern (Eutrophierung) und zu grossen Todeszonen an Orten wie dem Golf von Mexiko. Während die Stickstoffbelastung insgesamt zunimmt, ging die Stickstoffbelastung pro Produktionseinheit in den Industrieländern erheblich zurück.

Insgesamt bedeuten diese Trends, dass der Einfluss der Menschen auf die Umwelt, einschliesslich Änderungen in der Landnutzung, Raubbau und Verschmutzung, in diesem Jahrhundert den Höchststand erreichen und sinken kann. Wenn die Menschen diese neu auftauchenden Prozesse verstehen und vorantreiben, haben sie die Chance, die Erde wieder stärker der Natur zu überlassen — selbst dann, wenn die Entwicklungsländer moderne Lebensstandards erreichen und die materielle Armut endet.

Im Gegensatz zu der oft geäusserten Befürchtung, dass unbegrenztes Wachstum auf einen begrenzten Planeten trifft, wird die Nachfrage nach vielen materiellen Gütern mit wachsendem Wohlstand gesättigt sein. Der Fleischverbrauch hat beispielsweise in vielen reichen Ländern seinen Höchststand erreicht und lässt eine Abkehr von Rindfleisch in Richtung Proteinquellen erkennen, die weniger flächenintensiv sind.

Der Einfluss der Menschen auf die Umwelt, Landnutzung, Raubbau und Verschmutzung, kann in diesem Jahrhundert den Höchststand erreichen und wieder sinken.

Wenn die Nachfrage nach materiellen Gütern gedeckt ist, werden entwickelte Volkswirtschaften ihre Ausgaben vermehrt in Richtung materiell weniger intensive Dienstleistungs- und Wissensbereiche lenken, die einen zunehmenden Anteil der Wirtschaftsaktivität ausmachen. Die Dynamik mag in den heutigen Entwicklungsländern sogar noch ausgeprägter sein, da sie davon profitieren, dass sie späte Anwender von ressourcenschonenden Technologien sind.

Insgesamt bedeuten diese Trends, dass der Einfluss der Menschen auf die Umwelt, einschliesslich Änderungen in der Landnutzung, Raubbau und Verschmutzung, in diesem Jahrhundert den Höchststand erreichen und sinken kann. Wenn die Menschen diese neu auftauchenden Prozesse verstehen und vorantreiben, haben sie die Chance, die Erde wieder stärker der Natur zu überlassen— selbst dann, wenn die Entwicklungsländer moderne Lebensstandards erreichen und die materielle Armut endet.

3.

Die oben beschriebenen Entkopplungsprozesse stellen die Vorstellung infrage, dass frühere menschliche Gesellschaften weniger auf die Umwelt eingewirkt haben als moderne Gesellschaften. Der Grund, warum frühere Gesellschaften weniger Auswirkungen auf die Umwelt hatten, liegt daran, dass diese Gesellschaften eine erheblich kleinere Bevölkerungszahl ernähren mussten.

Die Technologien, die die Vorfahren der Menschen verwendeten, um ihren Bedarf zu decken, unterstützten einen wesentlich niedrigeren Lebensstandard und hatten weitaus grössere Pro-Kopf-Auswirkungen auf die Umwelt.

Tatsächlich haben frühere menschliche Gesellschaften mit weniger fortschrittlichen Technologien einen weitaus grösseren ökologischen Fussabdruck hinterlassen als die heutigen Gesellschaften. Bedenken Sie, dass eine Bevölkerung von höchstens ein oder zwei Millionen Nordamerikanern im späten Pleistozän durch die Jagd die meisten grossen Säugetiere des Kontinents ausgerottet und im Zuge dessen auf dem ganzen Kontinent Wälder verbrannt und abgeholzt hat. Weitere umfangreiche Transformationen der Umwelt durch den Menschen erfolgten im Holozän: drei Viertel aller Entwaldungen weltweit fanden vor der industriellen Revolution statt.

Die Technologien, die die Vorfahren der Menschen verwendeten, um ihren Bedarf zu decken, unterstützten einen wesentlich niedrigeren Lebensstandard und hatten weitaus grössere Pro-Kopf-Auswirkungen auf die Umwelt.

Jeder Versuch, die heutige Menschheit auf Basis solcher Technologien wieder mit der Natur zu vereinen, würde zu einem großen Desaster für Mensch und Natur führen.

Ökosysteme weltweit sind heutzutage bedroht, weil die Menschen zu sehr auf diese Systeme angewiesen sind: Menschen, die auf Holz und Holzkohle als Brennstoff angewiesen sind, holzen Wälder ab; Menschen, die Wildfleisch essen, jagen Säugetierarten bis zur lokalen Ausrottung. Ganz gleich, ob es sich um Eingeborene oder ein internationales Unternehmen handelt, das davon profitiert, ist es die andauernde Abhängigkeit der Menschen von den natürlichen Lebensräumen, die ein Problem für die Erhaltung der Natur darstellt.

Im Gegenzug bieten moderne Technologien, die natürliche Ökosystemkreisläufe und -dienstleistungen effizienter nutzen, eine echte Chance, um die Gesamtheit der menschlichen Auswirkungen auf die Biosphäre zu reduzieren. Wenn wir diese Verfahren nutzen finden wir den Weg zu einem guten Anthropozän.

Die Modernisierungsprozesse, welche die Menschen zunehmend von der Natur befreit haben, sind natürlich zweischneidig, da sie der natürlichen Umwelt auch geschadet haben. Fossile Brennstoffe, Technisierung und Produktion, synthetische Düngemittel und Pestizide, Elektrifizierung und moderne Transport- und Kommunikationstechnologien haben überhaupt erst grössere Bevölkerungszahlen und grösseren Konsum möglich gemacht. Hätten sich die Technologien seit dem Mittelalter nicht verbessert, wäre die menschliche Bevölkerung ohne Zweifel nicht sehr gewachsen.

Richtig ist auch, dass die immer wohlhabendere Stadtbevölkerung grössere Anforderungen an die entfernteren Ökosysteme gestellt hat — die Gewinnung von Rohstoffen wurde globalisiert. Doch genau diese Technologien machten es auch möglich, dass die Menschen Nahrung, Unterkunft, Wärme, Licht und Mobilität erhielten, mit Mitteln, die wesentlich ressourcen- und flächeneffizienter sind als jemals zuvor in der Geschichte der Menschheit.

Die Entkopplung menschlichen Wohlergehens von der Zerstörung der Natur erfordert die bewusste Beschleunigung der sich bietenden Entkopplungsprozesse. In einigen Fällen besteht das Ziel darin, technologische Alternativen zu entwickeln. Abholzung und Innenraumluftverschmutzung machen es erforderlich, Holz und Holzkohle durch moderne Energieträger zu ersetzen.

In anderen Fällen sollte es das Ziel der Menschen sein, Ressourcen produktiver zu nutzen. Die Steigerung der landwirtschaftlichen Erträge kann beispielsweise dazu beitragen, die Umwandlung von Wäldern und Grasflächen in Landwirtschaftsbetriebe zu reduzieren. Die Menschen sollten bestrebt sein, die Umwelt von der wirtschaftlichen Nutzung zu befreien.

Urbanisierung, landwirtschaftliche Intensivierung, Kernenergie, Aquakultur und Meerwasserentsalzung sind alles Prozesse mit einem nachgewiesenen Potenzial, die Beanspruchung der Natur durch den Menschen zu verringern und nichtmenschlichen Spezies mehr Raum zu geben. Zersiedelung, extensive Landwirtschaft und viele Formen der Energieerzeugung durch erneuerbare Energien erfordern dagegen mehr Land und Ressourcen und lassen der Natur weniger Raum.

Urbanisierung, landwirtschaftliche Intensivierung, Kernenergie, Aquakultur und Meerwasserentsalzung sind alles Prozesse mit einem nachgewiesenen Potenzial, die Beanspruchung der Natur durch den Menschen zu verringern und nichtmenschlichen Spezies mehr Raum zu geben.

So gesehen ist es ebenso normal, dass wir Menschen die Natur schonen, weil wir nicht auf sie angewiesen sind, wie dass wir sie bewusstoder aus Gründen der Ästhetik oder des Glaubens schonen. Die Teile des Planeten die von uns Menschen noch nicht völlig verändert worden sind, blieben deshalb unberührt, weil sich bisher kein wirtschaftlicher Nutzen fand – Berge, Wüsten, arktische Wälder und andere „marginale“ Gebiete.

Durch Entkopplung entsteht die Möglichkeit, dass Gesellschaften das Maximum an menschlicher Beeinflussung erreichen, ohne noch weiter in relativ unberührte Gebiete einzugreifen. Natur, die nicht genutzt wird, ist Natur, die erhalten bleibt.

4.

Reichliche Versorgung mit moderner Energie ist eine entscheidende Voraussetzung für die menschliche Entwicklung und Entkopplung der Entwicklung von der Natur. Die Verfügbarkeit preiswerter Energie ermöglicht es armen Menschen weltweit, auf die Nutzung von Holz als Brennstoff zu verzichten. Sie gibt Menschen die Möglichkeit, mit energieintensiven Hilfsmitteln wie Kunstdünger und Traktoren mehr Nahrungsmittel auf weniger Ackerfläche anzubauen. Energie ermöglicht es Menschen, Schmutzwasser zu reinigen und Meerwasser zu entsalzen, um Flüsse und Grundwasser zu schonen. Energie gibt Menschen die Möglichkeit, Metall und Kunststoff günstig zu recyceln und damit auf Minen und Raffinerien zu verzichten. Wenn wir in die Zukunft blicken, kann moderne Energie die Abscheidung von CO2 aus der Atmosphäre ermöglichen, um das akkumulierte CO2, das die globale Erwärmung antreibt, zu reduzieren.

Reichliche Versorgung mit moderner Energie ist eine entscheidende Voraussetzung für die menschliche Entwicklung und Entkopplung der Entwicklung von der Natur.

In den letzten drei Jahrhunderten hat jedoch die weltweit steigende Energieerzeugung zu einem Anstieg der atmosphärischen Konzentration von Kohlendioxid geführt. Länder haben während des gleichen Zeitraums auch begonnen zu dekarbonisieren, d.h. die Kohlenstoffintensität ihrer Wirtschaftssysteme zu reduzieren. Sie haben es jedoch nicht in dem Ausmass getan, das notwendig gewesen wäre, um die kumulierten Kohlendioxidemissionen niedrig genug zu halten, um das internationale Ziel zu erreichen, die Erderwärmung auf weniger als zwei Grad Celsius zu begrenzen. Für ein deutliches Bremsen des Klimawandels ist es daher erforderlich, die bestehenden Dekarbonisierungsprozesse schnell voranzutreiben.

Es herrscht jedoch noch Unklarheit, wie dieses Ziel erreicht werden soll. In den Entwicklungsländern ist ein steigender Energieverbrauch untrennbar mit steigenden Einkommen und verbesserten Lebensstandards verbunden. Auch wenn die Nutzung anderer Ressourceninputs, wie Stickstoff, Holz und Land, langsam ihren Höhenpunkt erreicht, legt die zentrale Bedeutung von Energie in der menschlichen Entwicklung und deren zahlreiche Verwendungsmöglichkeiten als Ersatz für materielle und menschliche Ressourcen nahe, dass der Energieverbrauch während eines Teils oder des gesamten 21. Jahrhunderts weiterhin steigen wird.

Aus diesem Grund werden Konflikte zwischen dem Klimaschutz und dem kontinuierlichen Entwicklungsprozess, durch den Milliarden von Menschen weltweit moderne Lebensstandards erreichen, weiterhin zugunsten des letzteren entschieden werden.

Klimawandel und andere ökologische Herausforderungen weltweit sind für die meisten Menschen nicht die wichtigsten Probleme. Und das sollten sie auch nicht sein. Ein Kohlekraftwerk in Bangladesch kann zu Luftverschmutzung und erhöhtem Kohlendioxidausstoss führen, doch es rettet auch Leben. Für Millionen von Menschen, die ohne Licht leben und gezwungen sind, Dung zu verbrennen, um Essen zu kochen, bieten Elektrizität und moderne Brennstoffe eine Möglichkeit für ein besseres Leben, auch wenn dadurch neue ökologische Herausforderungen entstehen.

Effektiver Klimaschutz ist grundsätzlich eine technologische Herausforderung. Damit meinen wir, dass selbst eine dramatische Einschränkung des weltweiten Pro-Kopf-Verbrauchs nicht ausreichen würde, um die Klimaerwärmung signifikant zu bremsen. Ohne einen tiefgreifenden technologischen Wandel gibt es keinen glaubhaften Weg zur Eindämmung des Klimawandels. Die Befürworter verschiedener technischer Verfahren sind sich beim speziellen Technologiemix oft uneinig. Uns ist kein messbares Szenario zum Klimaschutz bekannt, in dem nicht ein technologischer Wandel für den Grossteil der Emissionsreduzierung verantwortlich wäre.

Der Übergang zu einer Welt, die CO2-frei angetrieben wird, wird Energietechnologien mit hoher Energiedichte erfordern, die zig Terawatt liefern können, um die wachsende Wirtschaft mit Energie zu versorgen.

Die speziellen technologischen Pfade, die Menschen für den Klimaschutz beschreiten könnten, sind weiterhin stark umstritten. Theoretische Szenarien spiegeln typischerweise die technologischen Präferenzen und analytischen Annahmen ihrer Autoren wider, während allzu oft die Kosten, Dimensionen und der Umfang, um kohlenstoffarme Technologien einsetzen zu können, nicht berücksichtigt werden.

Die Geschichte früherer Energiewenden zeigt, dass es übereinstimmende Muster im Zusammenhang mit den Wegen gibt, die die Gesellschaften einschlagen, um sich in Richtung umweltfreundlichere Energiequellen zu bewegen. Der Weg ging immer über den Ersatz von minderwertigen, weniger dichten Brennstoffen zu hochwertigen, dichteren. Dieses Prinzip weist auf eine beschleunigte Dekarbonisierung in der Zukunft hin. Der Übergang zu einer Welt, die CO2-frei angetrieben wird, wird Energietechnologien mit hoher Energiedichte erfordern, die zig Terawatt liefern können, um die wachsende Wirtschaft mit Energie zu versorgen.

Die meisten Formen erneuerbarer Energien sind dazu leider nicht imstande. Das Ausmass des Landbedarfs und vieler anderer Auswirkungen auf die Umwelt ist so, dass man daran zweifeln muss, dass eine Welt, die ihre Energie aus Biotreibstoffen und anderen Erneuerbaren bezieht, eine solide Basis für eine CO2-freie Welt mit kleinem Fussabdruck ist.

Hocheffiziente Solarzellen, aus reichlich vorhandenen Rohstoffen hergestellt, sind eine Ausnahme. Sie verfügen über das Potenzial, mehrere 10 Terawatt an elektrischer Leistung auf einem Bruchteil der Erdoberfläche zu produzieren. Es sind aber erhebliche Innovationen erforderlich, um die heutigen Solartechnologien auf dieses Niveau zu bringen. Zudem sind kostengünstige Energiespeichertechnologien zu entwickeln, um mit der stark fluktuierenden Energiegewinnung umgehen zu können.

Kernspaltung ist heute die einzige kohlenstofffreie Technologie, die die nachgewiesene Fähigkeit besitzt, die meisten, wenn nicht sogar alle Energieanforderungen einer modernen Wirtschaft zu erfüllen. Eine Vielzahl an sozialen, wirtschaftlichen und institutionellen Herausforderungen macht jedoch den Einsatz heutiger Kerntechnologien im großen Stil, der für effektiven Klimaschutz notwendig wäre, unwahrscheinlich. Damit Kernenergie zu einer entscheidenden Klimaschutztechnologie wird, ist wahrscheinlich eine neue Generation nuklearer Technologien, die sicherer und billiger sind, notwendig.

Auf lange Sicht stellen modernste Solartechnologien, fortschrittliche Kernspaltung und Kernfusion die plausibelsten Wege dar, um die gemeinsamen Ziele Klimastabilisierung und radikale Entkopplung von Mensch und Natur zu erreichen. Wenn die Geschichte der Energiewenden als Hinweis dienen kann, wird dieser Übergang Zeit brauchen. Während dieses Übergangs können andere Energietechnologien wichtige soziale und ökologische Vorteile bieten. Wasserkraft-Talsperren könnten beispielsweise eine kostengünstige Quelle kohlenstoffarmer Energieversorgung für arme Nationen sein, auch wenn deren ökologischer Land- und Wasserfussabdruck relativ gross ist. Fossile Brennstoffe mit CO2-Abscheidung und -Speicherung können ebenfalls erhebliche ökologische Vorteile gegenüber fossilen Energieträgern oder Biomasse bieten.

Der ethische und pragmatische Weg zu einer gerechten und nachhaltigen Energiewirtschaft bedingt, dass wir so schnell wie möglich den Übergang zu Energiequellen schaffen, die billig, sauber, dicht und reichlich vorhanden sind.

Der ethische und pragmatische Weg zu einer gerechten und nachhaltigen Energiewirtschaft bedingt, dass wir so schnell wie möglich den Übergang zu Energiequellen schaffen, die billig, sauber, dicht und reichlich vorhanden sind. Dieser Weg bedingt eine nachhaltige öffentliche Unterstützung der Entwicklung und den Einsatz sauberer Energietechnologien sowohl national wie international, durch Zusammenarbeit und Wettbewerb sowie im umfassenden Kontext einer globalen Modernisierung.

5.

Wir schreiben dieses Dokument aus einer tiefen Liebe und emotionalen Verbundenheit mit der natürlichen Welt. Wenn die Menschen die Natur schätzen, erforschen, kultivieren und zu verstehen versuchen, wachsen viele über sich selbst hinaus. Sie stellen eine Verbindung zu ihrer Evolutionsgeschichte her. Selbst wenn die Menschen diese wilde Natur nie selbst erleben, bestätigen sie damit, dass deren Existenz für ihr Wohlbefinden wichtig ist.

Wir schreiben dieses Dokument aus einer tiefen Liebe und emotionalen Verbundenheit mit der natürlichen Welt.

Die Menschen werden materiell immer zu einem gewissen Grad von der Natur abhängig sein. Selbst wenn eine vollständig künstliche Welt möglich wäre, würden sich viele von uns trotzdem dafür entscheiden, mehr mit der Natur verbunden zu leben. Entkopplung ermöglicht es, dass die materielle Abhängigkeit der Menschen von der Natur weniger zerstörend ist.

Die Begründung für eine aktivere, bewusstere und beschleunigte Entkopplung, um die Natur zu schonen, stützt sich eher auf spirituelle oder ästhetische als auf materielle oder utilitaristische Argumente. Gegenwärtige und zukünftige Generationen könnten auf einem Planeten, der wesentlich weniger biologische Vielfalt und unberührte Natur aufweist, überleben und auch gut leben. Das ist jedoch keine Welt, die wir uns wünschen. Und wir können uns gegen eine solche entscheiden, wenn wir eine Entkopplung als positive Option verfolgen.

Was wir hier als Natur, oder sogar wilde Natur, bezeichnen, umfasst Landschaften, Meeresregionen, Biome und Ökosysteme, die über Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg durch menschliche Einflüsse verändert wurden. Die Wissenschaft und die Konzepte der biologischen Vielfalt, Komplexität und Indigenität sind nützlich, sie können jedoch nicht alleine festlegen, welche Landschaften bewahrt werden sollen und wie.

In den meisten Fällen gibt es keinen einheitlichen Ausgangspunkt (vor dem menschlichen Eingreifen in die Natur), anhand dem festgelegt werden könnte, wie die Natur zurückverwandelt werden soll. Beispielsweise können Anstrengungen zur Wiederherstellung von Landschaften, einem früheren Zustand zu ähneln („Indigenität“) auch dazu führen, dass erst seit Kurzem existierende (invasive) Arten entfernt werden und es somit zu einer Verringerung der lokalen Artenvielfalt kommt. Unter anderen Umständen entscheiden sich Gemeinschaften möglicherweise dazu, auf Ursprünglichkeit zugunsten von Neuartigkeit und Artenvielfalt zu verzichten.

Die Entkopplung der materiellen Bedürfnisse der Menschen von der Natur erfordert ein dauerhaftes Engagement zur Erhaltung von Wildnis, biologischer Vielfalt und reizvollen Landschaften.

Explizite Bemühungen zur Erhaltung von Landschaften aus nicht-utilitaristischen Gründen sind unweigerlich menschliche Wertentscheidungen. Aus diesem Grund sind alle Bemühungen zur Erhaltung der Natur grundsätzlich menschengemacht. Die Einrichtung von Naturschutzgebieten ist ebenso eine Entscheidung des Menschen im Dienste menschlicher Präferenzen wie die Einebnung solcher Gebiete. Die Menschen werden unberührte Orte und Landschaften bewahren, indem sie ihre Mitbürger davon überzeugen, dass diese Orte und die Lebewesen, die dort beheimatet sind, schützenswert sind. Die Menschen werden sich für einige Leistungen — wie Wasseraufbereitung und Hochwasserschutz — entscheiden, die durch natürliche Systeme bereitgestellt werden, wie z.B. bewaldete Wassereinzugsgebiete, Riffe, Sumpf- und Feuchtgebiete, selbst wenn diese natürlichen Systeme kostenaufwändiger sind als der Bau von Wasseraufbereitungsanlagen, Uferdämmen und Deichen. Es wird keine allgemein gültigen Lösungen geben.

Landschaften werden durch unterschiedliche lokale, historische und kulturelle Vorlieben geformt. Auch wenn wir überzeugt sind, dass landwirtschaftliche Intensivierung zur Erhaltung von ungenutzter Natur entscheidend ist, verstehen wir, dass sich viele Gemeinschaften weiterhin für die Nutzung entscheiden und die Tier- und Pflanzenwelt innerhalb von landwirtschaftlichen Nutzflächen erhalten möchten, statt dieses Land in Form von Graslandschaften, Buschland und Wäldern wieder der Natur zu überlassen. Wo Entkopplung den Druck auf Landschaften und Ökosysteme reduziert, weil diese nicht mehr für die Versorgung der Bevölkerung benötigt werden, müssen Landbesitzer, Gemeinden und Regierungen immer noch entscheiden, welchen ästhetischen oder wirtschaftlichen Verwendungszweck sie für dieses Land vorsehen.

Beschleunigte Entkopplung allein wird nicht ausreichen, um mehr Natur sicherzustellen. Es braucht auch eine Naturschutzpolitik und eine „Wildnis-Bewegung“, die aus ästhetischen und spirituellen Gründen mehr unberührte Natur fordert. Die Entkopplung der materiellen Bedürfnisse der Menschen von der Natur erfordert ein dauerhaftes Engagement zur Erhaltung von Wildnis, biologischer Vielfalt und reizvollen Landschaften sowie eine tiefere emotionale Verbindung zu diesen.

6.

Wir bekräftigen die Notwendigkeit sowie die menschliche Fähigkeit für eine beschleunigte, aktive und bewusste Entkopplung. Technologischer Fortschritt kommt nicht automatisch. Die Entkopplung der Umweltauswirkungen von der Wirtschaftsleistung ist nicht einfach nur eine Funktion aus marktgetriebener Innovation und einer effizienten Reaktion auf knappe Ressourcen. Die Umwandlung der natürlichen Lebensräume durch Technologien hat schon begonnen, bevor es überhaupt so etwas Ähnliches wie einen Markt oder ein Preissignal gegeben hat. Dank eines steigenden Bedarfs, knapper Ressourcen, Inspiration und Spürsinn haben die Menschen die Welt seit Jahrtausenden hinweg neu gestaltet.

Technologische Lösungen für Umweltprobleme müssen auch innerhalb eines breiteren sozialen, wirtschaftlichen und politischen Kontextes gesehen werden. Wir glauben, dass es für Länder wie Deutschland und Japan und Bundesstaaten wie Kalifornien kontraproduktiv ist, Kernkraftwerke stillzulegen, wieder kohlenstoffreichere Energieträger zu verwenden und ihre Wirtschaftssysteme wieder an fossile Brennstoffe und Biomasse zu koppeln. Derartige Beispiele machen deutlich, dass technologische Entscheidungen nicht von abgeschiedenen internationalen Institutionen getroffen werden sondern von nationalen und lokalen Institutionen und Kulturen.

Allzu oft wird Modernisierung, sowohl von den Befürwortern als auch den Kritikern, mit Kapitalismus, unternehmenspolitischer Macht und Laissez-Faire-Wirtschaftspolitik vermischt. Wir lehnen diese Vereinfachungen ab. Was wir meinen, wenn wir von Modernisierung sprechen, ist die langfristige Entwicklung von sozialen, wirtschaftlichen, politischen und technologischen Massnahmen in menschlichen Gesellschaften hin zu verbessertem materiellen Wohlstand, zu einem verbesserten Gesundheitswesen, zu Ressourcenproduktivität, wirtschaftlicher Zusammenarbeit, gemeinsamer Infrastruktur und persönlicher Freiheit.

Die Entkopplung menschlichen Wohlergehens von Umweltauswirkungen bedarf eines nachhaltigen Bekenntnisses zu technischem Fortschritt und einer kontinuierlichen Weiterentwicklung von sozialen, wirtschaftlichen und politischen Institutionen.

Modernisierung hat mehr und mehr Menschen von einem Leben in Armut und harter landwirtschaftlicher Arbeit befreit, Frauen aus ihrer Leibeigenschaft, Kinder und ethnische Minderheiten von Unterdrückung und Gesellschaften von unberechenbaren und willkürlichen Regierungsformen. Höhere Ressourcenproduktivität verbunden mit modernen sozio-technologischen Systemen hat es menschlichen Gesellschaften möglich gemacht, Bedürfnisse mit weniger Ressourceninputs und geringeren Auswirkungen auf die Umwelt zu befriedigen. Produktivere Wirtschaftssysteme sind reichere Wirtschaftssysteme, die die menschlichen Bedürfnisse besser befriedigen können, während sie immer mehr ihrer wirtschaftlichen Gewinne in nicht wirtschaftliche Annehmlichkeiten investieren, einschliesslich einem verbesserten Gesundheitswesen, grösseren Freiheiten und Möglichkeiten, Kunst, Kultur und Naturschutz.

Selbst in fortschrittlichen und entwickelten Volkswirtschaften sind die Modernisierungsprozesse bei Weitem noch nicht abgeschlossen. Der Ressourcenverbrauch hat in den reichsten Gesellschaften gerade erst einen Höchststand erreicht. Die Entkopplung menschlichen Wohlergehens von Umweltauswirkungen bedarf eines nachhaltigen Bekenntnisses zu technischem Fortschritt und einer kontinuierlichen Weiterentwicklung von sozialen, wirtschaftlichen und politischen Institutionen.

Beschleunigter technologischer Fortschritt erfordert die aktive, bestimmende und aggressive Beteiligung von Privatunternehmern, Märkten, der Zivilgesellschaft und des Staates. Auch wenn wir den Planungsfehlschluss der 1950er Jahre ablehnen, begrüssen wir weiterhin die starke öffentliche Rolle, die notwendig ist, um Umweltprobleme anzusprechen und technologische Innovationen zu beschleunigen, einschliesslich Forschung, um bessere Technologien zu entwickeln, Subventionen und andere Massnahmen, um diese auf den Markt zu bringen, und Verordnungen, um Umweltrisiken zu reduzieren. Zudem ist eine internationale Zusammenarbeit bei technologischen Innovationen und der Technologietransfer besonders in der Landwirtschaft und Energie unerlässlich.

7.

Wir unterbreiten dieses Manifest im Glauben, dass menschlicher Wohlstand und ein ökologisch dynamischer Planet nicht nur gleichzeitig möglich sondern untrennbar miteinander verbunden sind. Indem wir die bereits laufenden Prozesse unterstützen, die das Wohlergehen der Menschen von der Umweltzerstörung entkoppeln, erachten wir eine solche Zukunft als realistisch. In diesem Sinne sind wir optimistisch und glauben an die menschlichen Fähigkeiten und die Zukunft.

Wir schätzen die liberalen Grundsätze von Demokratie, Toleranz und Pluralismus an sich, während wir diese Grundsätze als Schlüssel für die Erreichung eines grossartigen Anthropozäns ansehen.

Wir hoffen, dass dieses Dokument dazu beiträgt, die Qualität und den Inhalt des Dialogs zu verbessern, wie wir die Umwelt im 21. Jahrhundert schützen können. Allzu oft wurden Diskussionen zum Umweltschutz von den Extremen dominiert und von Dogmatismus geprägt, was wiederum zu Intoleranz führt. Wir schätzen die liberalen Grundsätze von Demokratie, Toleranz und Pluralismus an sich, während wir diese Grundsätze als Schlüssel für die Erreichung eines grossartigen Anthropozäns ansehen. Wir hoffen, dass diese Erklärung den Dialog darüber fördert, wie wir die universelle Menschenwürde auf einem artenreichen und gedeihenden Planeten am besten erreichen können.